Day´s End

Simone Schardt & Wolf Schmelter

Wohnsiedlung Grünau, Zürich

2004


< Filmscreening von Wavelength, Michael Snow (1967)



Das wiedergefundene Kino – Beobachtungen zu Kinoapparatom presents

von Ralph Ubl


Das Kino, als architektonischer, sozialer und imaginärer Zwischenraum, der sich zwischen urbanem Alltag und filmischer Illusion erstreckt, hat Künstler von Robert Smithson und Dan Graham bis Janet Cardiff und Douglas Gordon beschäftigt. Ihre Arbeiten richten sich gegen ein Kino, das bloss als Black Box dient, die von den BesucherInnen möglichst rasch vergessen werden soll, um sich mit dem filmischen Geschehen zu identifizieren. Als Gegenmodelle werden Produktionsräume entworfen oder imaginiert, die ihr Verhältnis zum bewegten Bild ausdrücklich artikulieren.


KINOAPPARATOM presents, ein Projekt von Simone Schardt und Wolf Schmelter, das im Winter 2004 in Zürich stattfand, ist in diesem zeitgenössischen kunsthistorischen Kontext zu situieren. Der Projektionsraum, den Schardt und Schmelter geschaffen haben, ist allerdings weder imaginär noch

konstruiert, er ist vielmehr ein Fund, von dem unentscheidbar bleibt, ob es der Raum oder der Film ist, der gefunden wurde. Zweifellos mussten sowohl die vorgeführten Filme von Michael Snow, Richard Serra und Gordon Matta-Clark als auch die Wohnung in der Bändlistrasse aufgespürt und organisiert werden. Doch der eigentliche Fund bestand darin, dass jeder der Filme bereits im Raum vorzufinden war – so als würden die Bebauung der Bändlistrasse im Moment ihres bevorstehenden Abrisses zu erkennen geben, dass die einfachen und anonymen Wohnungen noch etwas von jenen optischen und räumlichen Elementarerfahrungen erkennen lassen, auf die sowohl das moderne Bauen wie der Avandgardefilm zielten. Fenster, Raumeinteilung und Mauerdurchbrüche verwandelten sich durch die Filme, in denen ähnliche Motive genutzt wurden, in Sehmaschinen, in denen die Wahrnehmung von und in gebauten Räumen als solche erfahrbar wurde.


Dieses reflexive Moment erwuchs aus dem sozialen Raum, der durch eine Kinovorführung konstituiert wurde, zumal dann, wenn selten gezeigte Filme mit vergessenen Orten in Beziehung gebracht werden. KINOAPPARATOM presents führte auf diese Weise zu Bewusstsein (und erinnerte damit auch an Vertovs Kameraauge oder Pudovkins Kinozüge), dass das Kino immer von neuem wiedergefunden werden muss, um es als ästhetischen und sozialen Raum zu retten.


www.kinoapparatom.net